Finanzskandal 2012: Bürgermeister, Ex-Landesrat und andere jetzt vor Gericht

Staatsanwaltschaft wirft sieben Angeklagten Untreue vor

 

– Von Michael Hudelist –

 

Salzburg. Neben Monika Rathgeber als Hauptfigur des Finanzskandals 2012 stehen seit gestern erstmals prominente Politiker wie Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden und der ehemalige Finanzlandesrat Othmar Raus vor Gericht. Es geht dabei um einen Teilaspekt des Skandals, und zwar um sechs Zinstauschgeschäfte, die die Stadt 2007 an das Land abgetreten hat, obwohl sie laut Staatsanwaltschaft mit fast fünf Millionen Euro im Minus waren. Der Staatsanwalt klagt Untreue an, im Falle einer Verurteilung drohen den Angeklagten ein bis zehn Jahre Haft, Schaden und Raus betonten, dass es keinerlei Absprachen gegeben habe sondern die beiden Finanzabteilungen diesen Stadt-Land-Deal selbstständig eingefädelt hätten. Mit einem Urteil wird Ende Juli gerechnet.

 

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Monika Rathgeber war bei zwei Prozessen bisher die Hauptbeschuldigte, jetzt sitzen sechs weitere Personen auf der Anklagebank, u.a. Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden, sowie der ehemaligen Finanzlandesrat Othmar Raus.

 

Unter großen Medienunteresse ist der Mammutprozess mit mehreren Anträgen gestartet, einzelne Anwälte lehnten einen Sachverständigen des Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft gleich zu Beginn wegen angeblicher Befangenheit ab, das Schöffengericht wiederum lehnte die Anträge ab. Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic als Chefankläger der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erklärte den Schöffen über eine Stunde lang, wie seiner Meinung nach die Zinstauschgeschäfte mit Millionenverlusten von der Stadt an das Land gewandert sind, „es war eine politische Vereinbarung zwischen Schaden und Raus“, die diese am Rande einer Festspielveranstaltung getroffen hätten. Die Stadt habe mit den Swaps zwar eine Million Euro verdient, aber eben auch fünf Millionen Euro Verlust eingefahren, und die Differenz in Höhe von vier Millionen Euro habe man einfach dem Land „geschenkt“. Hintergrund sei gewesen, dass die Stadt und insbesondere der Bürgermeister diese Verluste hätten verstecken und unangenehme Fragen der Opposition verhindern wollen. Bereits im Mai 2007 habe es eine Besprechung im Schloss Mirabell gegeben, an der neben Schaden noch weitere, jetzt angeklagte Stadtmitarbeiter beteiligt waren, „dabei ist es um die Frage gegangen, wie die Stadt aus dem Schlammassel heraus kommen kann“, so Adamovic. Die Übertragung sei von Schaden betrieben und von Raus genehmigt worden, die damalige Budgetreferentin des Landes, Monika Rathgeber und andere seien mit der Abwicklung befasst gewesen, „freiwillig haben wir das aber nicht gemacht“, so zum Beispiel Rathgeber 2013 vor dem Untersuchungsausschuss des Landes. Den Banken gegenüber wollten Stadt und Land die Übertragung verschleiern in dem sie die „Sprachregelung“ fanden, das Land würde die Stadt-Derivate nur verwalten. Zudem habe die  Staatsanwaltschaft bei diversen Durchsuchungen sowohl in der Stadtverwaltung, als auch beim Land keinerlei Dokumente oder Verträge gefunden, „auch sehr eigenartig, wo sonst in Behörden sogar beim Kauf eines Bleistiftes ein Aktenvermerk angelegt wird“, so der Oberstaatsanwalt aus Wien.

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Das Schöffengericht unter Vorsitz von Anna-Sophia Geisselhofer.

 

Adamovic nahm in seinem Eingangsplädoyer mit einer umfassenden Powerpoint-Präsentation auch gleich die bisherigen Aussagen der Angeklagten vorweg, so habe Rathgeber auf die „politische Vereinbarung zwischen Stadt und Land verwiesen“, diese habe es nach Aussage von Heinz Schaden in diversen Zeitungsinterviews aber nicht gegeben. Er räumte bisher immer wieder ein, dass er nur am Rande mit dem Thema befasst gewesen sei, sichergestellte E-Mails deuten allerdings darauf hin, dass Schaden sehr wohl von Anfang an über die negative Entwicklung der Geschäfte informiert und deren Abstoßung an das Land betrieben haben soll. „Seine Behauptung, die Initiative wäre vom Land ausgegangen, ist durch nichts belegt“ so der Oberstaatsanwalt.

 

Anwälte auf Staatskosten

 

Am Nachmittag, sowie an den folgenden 18 Verhandlungstagen werden die Angeklagte, sowie deren Anwälte zu Wort kommen. Ein Teil der Anwälte soll bereits im Vorfeld des gestern gestarteten Schöffenprozesses eine „Rechtsmittelflut“ in Richtung Wien losgetreten haben, so Adamovic, „das reichte von über 40 Beschwerden, Interventionen beim Justizministerium, sowie laufenden, verbalen Angriffen gegen Sachverständige, Richter und meine Person wegen angeblicher Befangenheit“. Eine derart massive, versuchte Einflussnahme habe er in seiner zehnjährigen Arbeit noch nicht erlebt, „aber wenn die Anwälte zum Teil nicht aus der eigenen Tasche, sondern vom Steuerzahler bezahlt werden schöpfen einige wohl aus dem Vollen“, so der Oberstaatsanwalt in Richtung der Armada an Anwälten im Gerichtssaal.

 

Finanzskandal färbte das Land um

 

Zum Hintergrund: Mit rund 1,8 Milliarden Euro hatte Rathgeber im Auftrag des Landes jahrelang spekuliert und dabei erst jährliche Millionengewinne eingefahren. Im Dezember 2012 ging der damalige Finanzlandesreferent David Brenner mit der Vermutung an die Öffentlichkeit, durch die Spekulationsgeschäfte könnten dem Land ein Schaden in Höhe von 340 Millionen Euro entstanden sein. Das politische Erdbeben danach bescherte der Grün-Vorsitzenden Astrid Rössler durch Losglück den Vorsitz im U-Ausschuss und in den vorgezogenen Neuwahlen im Mai 2013 erstaunliche 20 Prozent weil viel glaubten, die Grünen hätten den Skandal aufgedeckt. Landeshauptfrau Gabi Burgstaller trat nach massiven Verlusten für die SPÖ zurück, Wilfried Haslauer und die ÖVP verloren zwar auch, Haslauer konnte jedoch mit den Grünen und dem damaligen ‚Team Stronach‘ eine völlig neue Koalition bilden. Das Spekulationsportfolio ist nach Angaben des aktuellen Finanzlandesrates Christian Stöckl „so gut wie abgebaut“, fünf Positionen mit einem Wert von 28 Millionen Euro seien noch nicht aufgelöst. Stöckl hat mit zahlreichen beteiligten Banken Vergleich abgeschlossen, auch daraus seien bisher 28,4 Millionen Euro in das Landesbudget zurückgeflossen.

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