Ischl nach Ischgl

 

Tourismus-Chef Köhl war selbst Corona-Patient

 

Von Michael Hudelist

 

Bad Ischl. Nach dem Lockdown Mitte März dürfen in Österreich seit 29. Mai auch die Hotels wieder aufsperren, Bad Ischl hofft nun nicht nur auf die Rückkehr der einheimischen Stammgäste, vor allem aus Wien, sondern will auch vermehrt Gäste aus Süddeutschland anlocken, wo Bad Ischl entweder unbekannt ist oder mit dem Corona-Hotspot Ischgl verwechselt wird. Strenge Hygieneregeln und Abstandhalten scheinen aber auch in Ischl schon wieder einer gewissen Sorglosigkeit gewichen zu sein, zumindest auf einer Pressekonferenz, die das „sichere Urlauben“ im Salzkammergut beweisen sollte.

 

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Die Pressekonferenz war in einem engen Seminarraum, ohne Abstand, ohne Masken, nur für das offizielle Pressefoto im Freien achtete man werbewirksam auf den Ein-Meter-Abstand.

Während die ersten, „echten“   Pressekonferenzen nach Wochen der Videoschalten unter strengen Abstandsregeln stattfinden erwarteten die Ischler Hoteliers und Geschäftsleute die Journalisten in einem engen Seminarraum auf die Bergstation der Katrin-Bahn, eng an eng und ohne Mundschutz wurde das „sichere Wiederaufsperren“ präsentiert, immerhin habe man in Ischl die ganze Zeit über nur 17 Covid-19-Fälle gehabt. Einer davon war Tourismus-Chef Stephan Köhl selbst, der vor Ischl zehn Jahre lang die Tourismusgesellschaft im Berchtesgadener Land aufbaute. „Ich habe fünf Tage eine schwere Grippe gehabt und danach wochenlang keinen Geschmackssinn“, erzählt Köhl, getestet worden sei er zuerst nicht, „weil ich nicht in einem Risikoort wie Ischgl war oder mit einer infizierten Person Kontakt hatte“, erst später zeigte ein selbstfinanzierter Test, dass er an der Lungenkrankheit Covid-19 erkrankt gewesen war. „Wo ich mich angesteckt haben könnte weiß ich nicht, mir ist nur wichtig dass ich niemanden angesteckt habe“.

 

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Während überall strenge Abstandsregeln gelten und Pressekonferenzen meist noch als Videokonferenzen abgehalten fand das Pressegespräch des Bad Ischl Tourismus in einem engen Seminarraum auf der Katrin Bergstation statt, ohne Abstand und ohne Masken.

 

Keine Kaisertage

 

Stephan Köhl ist seit Anfang 2018 für den Tourismus in Bad Ischl verantwortlich, einer 14.000-Einwohner-Stadt im oberösterreichischen Teil des Salzkammerguts, die heute noch davon zehrt, dass Kaiser Franz Josef Ischl bis zum Untergang der Monarchie zu seiner Sommerresidenz machte. Rund 400.000 Übernachtungen zählt die Stadt heute, davon rund 250.000 im Sommer und Herbst, diese Zahlen wird man im Corona-Jahr 2020 wohl nicht erreichen, auch wenn viele Stammgäste vor allem aus Wien schon wieder Hotelzimmer gebucht hätten. Jetzt soll der süddeutsche Markt erschlossen werden, denn in Bayern und Baden-Württemberg sei Bad Ischl weitgehend unbekannt und werde meistens mit dem Tiroler Corona-Hotspot Ischgl verwechselt, „Ischl? Ja, da war ich schon einmal Skifahren“ so die Antworten auf entsprechende Fragen.

 

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Der ehemalige Leiter des BGL-Tourismus Stephan Köhl hatte Corona, eine Schutzmaske trägt er trotzdem oft, „aus Solidarität“. In BGL war er für Millionen Übernachtungen verantwortlich, jetzt für 400.000 Übernachtungen in Bad Ischl.

 

Große Veranstaltungen wie das Lehar-Festival oder die Kaisertage wird es in diesem Sommer nicht geben, statt dem schon üblichen Motto „Klasse statt Masse“ wolle Ischl in diesem Jahr zwangsweise „Klasse ohne Masse“, so Köhl. Aber wie Gäste aus Bayern anlocken, Berge und Seen wie in Ischl gibt es doch auch im Berchtesgadener Land oder im Chiemgau? „Berge ja, aber nicht diese wunderbaren Seen wie bei uns im Salzkammergut“, dazu die zahlreichen Kulturveranstaltungen, Österreich sei eben eine Kulturnation.

 

Risikogruppe will wieder Sommerfrische

 

Hotelbesitzer und Privatvermieter berichten von einem Anstieg der Anfragen, auch wenn derzeit nur rund 10 Prozent der sonst üblichen Buchungslage erreicht werde, „aber der Juni war immer schon ein schwacher Monat bei uns“ räumt ein Hotelbesitzer ein. Für den Juli sehe die Buchungslage schon besser aus, auch wenn die Gäste mehrheitlich der älteren Risikogruppe angehörten würden  sie wieder in ihre Sommerfrische kommen wollen.

 

[Bad Ischl] PK, Eigenrecherche

30.05.2020/8 Uhr