Die Schule kam mit dem Fahrrad ins Haus

„Unterricht“ im Lockdown – Lehrer erinnern sich an Schule ohne Schüler

Von Michael Hudelist

Freilassing. Auch an der Grundschule in Freilassing  startet das Schuljahr 2020/2021 unter besonderen Vorzeichen, die Corona-Pandemie verlangt nach wie vor strenge Regeln, dennoch soll der Unterricht weitgehend „normal“ ablaufen, also im Klassenzimmer mit einem echten Lehrer an der Tafel. Vor fast genau sechs Monaten mussten mit dem Lockdown auch die Schulen schließen, Rektor Helmut Mayer und die neuen Konrektoren Anja Hager und Wolfgang Kerschl erinnern sich an die Tage und Wochen danach.

Abstand halten, keine Durchmischung auf den Gängen und Maskenpflicht bis zum Platz im Klassenzimmer, das sind die Regeln für die Schüler zum Schulstart in der Grundschule.

Am 21. März 2020, ein Freitag, begann in Bayern die Zeit der allgemeinen Corona-Ausgangsbeschränkungen, die Schulen stellten bereits am Montag zuvor den Unterricht ein, drei Wochen vor den Osterferien. „Den dann folgenden Distanzunterricht gab’s in verschiedensten Formen“, erinnert sich Mayer, „manche Lehrer nutzen schnell verschiedene Online-Tools, manche schickten das Lernmaterial per Mail, wieder andere haben ihre Aufgaben mit dem Rad ausgefahren und telefonischen Kontakt zu ihren Schülern gehabt“. Später sei dann das Online-Tool „School Fox“ gestartet worden, mit ihm sei dann auch ein Video-Schulunterricht möglich gewesen, gleichzeitig seien aber von Anfang an wenige Kinder von Eltern mit systemrelevanten Berufen in der Schule betreut worden.

Tatsache sei aber auch, dass die Lehrer mit den Online-Tools nicht alle Schüler erreicht hätten, „manche waren wie abgetaucht, bei anderen spielte die Sprachbarriere eine Rolle“, so Konrektorin Anja Hager, die in der Lockdown-Zeit noch an der Grundschule in Feldkirchen unterrichtete. Es habe aber auch Eltern mit grundlegenden Bedenken gegeben, dass ihre Kinder für digitale Inhalte noch zu jung seien. Damals sei das digitale Lernen auch nicht verpflichtend gewesen, mittlerweile sei das anders geregelt, so habe der Freistaat auch Notebooks angekauft für Schüler, die keine eigenen Geräte haben.

Lehrer mit eigenem YouTube-Channel

Wolfgang Kerschl als 1. Konrektor in Freilassing war im März noch an der Grundschule in Ainring, „es war schon ein komisches Gefühl plötzlich ohne Kinder vor sich zu unterrichten, man hat da schon sehr innovativ sein müssen, viele Kollegen waren da sicher sehr überrascht über sich selbst“. Er selbst habe eigene YouTube-Videos für seine Schüler gedreht. In Freilassing durften in einer Notgruppe anfangs zwei Schüler in das  Schulhaus, am Ende seien es rund 60 Burschen und Mädchen gewesen, auch weil die Gruppe der systemrelevanten Berufe der Eltern immer weiter ausgedehnt wurde.

Sehnsucht nach Normalität

Bei der Rückkehr der ersten Schüler zu einem Unterricht in der Klasse am 11. Mai habe man die Sehnsucht nach Normalität förmlich gespürt, „alle waren so froh, alles ist so ruhig und friedlich abgelaufen“ erinnert sich Hager, allen sei klar gewesen was die Eltern in den Wochen zuvor an Mehrfachbelastung stemmen hätten müssen. Gegen die damalige Maskenpflicht hätten nur ganz wenige Kinder eine Aversion gehabt, auch von den Eltern sei keine Kritik gekommen, „die sind alle froh gewesen dass Ihre Kinder wieder in die Schule gehen konnten“, so Hager. Es gab allerdings kein Singen, keinen Sport, keine Gruppenarbeiten. Auch Wolfgang Kerschl erinnert sich an viele positive Reaktion in  seiner damaligen Grundschule in Ainring, „die Eltern haben honoriert dass wir streng auf die Einhaltung der Hygiene-Vorschriften geachtet haben“.

Man habe in den Wochen vor den Ferien den vorgeschriebenen Lehrstoff „größtenteils“ durchgebracht, „aber es fehlte natürlich das soziale Lernen, also das Arbeiten in der Klasse, die Prüfungen“, so Hager. Die Noten seien in dieser Zeit zweitrangig gegeben, es gab aber zum Schulschluss eine „Lernstands-Feststellung“ in verbaler Form, in den 3. und 4. Klassen wurden die Noten verwendet die vor dem Lockdown festgestanden hätten.

Fragezeichen vor dem Schulstart

Die Vorbereitungen für den Schulstart jetzt im September waren sehr umfangreich, der Ordner mit den fast täglichen Anweisungen aus dem Kultusministerium ist bereits proppenvoll. Lange Zeit war unklar, wie viele Kinder nach den Ferien gleichzeitig in die Schule dürfen, ob es einen  Tage- oder Wochenweisen Wechsel geben wird. Erst eine Woche vor dem Schulstart legte sich das Kultusministerium fest mit der Ansage, dass in der Grundschule alle Schüler gleichzeitig in der Klasse unterrichtet werden, unter den bekannten Hygienevorschriften.

[Freilassing] Eigenrecherche

07.09.2020/11.15 Uhr

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